1. Einführung
Für nahtlose Rohre aus austenitischen und austenitisch-ferritischen Werkstoffen für Druckbeanspruchung steht die umfassende europäische Norm EN 10216-5 zur Verfügung, die innerhalb der Normenreihe EN 10216-1 bis 5 im Rahmen eines europäischen Mandats erarbeitet wurde. Sie ersetzt die bisherige Normen DIN 17458 und DIN 17459. Die neue europäischen Norm EN 10216-5 wurde allerdings um einige austenitische Werkstoffe sowie um die austentisch-ferritischen Werkstoffe erweitert. Die neue Norm wurde am 16. Dezember 2006 im EU-Amtsblatt veröffentlicht und gilt daher seit diesem Datum als "harmonisiert", d. h. es gilt die Vermutung, dass die Anforderungen der Druckgeräterichtlinie 97/23/EG erfüllt werden. Wie bisher die DIN 17458 sind auch in der EN 10216-5 zwei Prüfkategorien festgelegt. Die Prüfkategorie TC1 und TC2 unterscheiden sich hinsichtlich der Prüfanforderungen und des Prüfumfangs z. B. Nachweis von Quer- und Längsfehler, Nachweis der Freiheit von Doppelungen an Rohrenden oder die doppelte Anzahl der Zugproben. Eine Übersicht ist in Tabelle 15 der EN 10216-5 aufgelistet. Die Prüfkategorie ist in der Bestellung anzugeben.
2. Auswahl geeigneter Werkstoffe
Die Anforderungen an Rohren für Rohrleitungen im Sinne der Druckgeräterichtlinie 97/23/EG sind u. a. in unterstützende harmonisierte Werkstoffnormen festgelegt. Sie erfüllen die Anforderungen der grundlegenden Sicherheitsanforderungen wie sie für Werkstoffe in den Abschnitten 4 und 7.5 des Anhang I der DGRL festgelegt sind. Damit ist jedoch nichts über die Eignung eines bestimmten Werkstoffes für ein bestimmtes Druckgerät ausgesagt. Die Auswahl geeigneter Werkstoffe für eine konkrete Anforderung bei einem Druckgerät hat der Hersteller im Rahmen der Gefahrenanalyse zu treffen.

3. Regelwerke für Rohrleitungen
Dem Rohrleitungshersteller stehen unterschiedliche Regelwerke für den Bau von Rohrleitungen zur Verfügung, die ihm im Rahmen der Konformitätsbewertung hilfreich zur Verfügung stehen:
- Die Normenreihe EN 13480 als harmonisierte Produktnorm
Diese Normenreihe löst aufgrund des Status "harmonisiert" die Vermutungswirkung aus, d. h. bei Anwendung dieses Norm kann der Hersteller davon ausgehen, dass die Anforderungen der DGRL erfüllt werden.
- Das deutsche Regelwerk AD 2000 mit dem Merkblatt HP 100 R.
Dies ist eine technische Spezifikation. Sie hat nicht den Status "harmonisiert" und löst damit nicht automatisch die Vermutungswirkung aus. Dieses Regelwerk konkretisiert die Anforderungen der DGRL. Allerdings liegt es in der Verantwortung des Herstellers zu prüfen, ob damit alle Anforderungen der DGRL auch erfüllt werden.
4. Auswahl der Prüfkategorie
In dem Merkblatt AD 2000/HP 100R wird für Rohrleitungen der Kategorie I und II auf die Rohrnorm EN 10216-5 verwiesen (kein Hinweis auf das AD 2000 Merkblatt/W 2). Bei Rohrleitungen der Kategorie III wird auf die zusätzlichen Anforderungen des Merkblattes W 2 verwiesen.
Die harmonisierte Norm EN 13480 enthält keine Hinweise zur Prüfkategorie. Somit hat allein der Rohrleitungshersteller im Rahmen der Gefahrenanalyse für den konkreten Anwendungsfall zu prüfen, welche Prüfkategorie für diesen bestimmten Fall zur Anwendung kommen muss.
5. Werkstoffnachweise für nahtlose Rohre
In beiden genannten Regelwerken ist die Art der Werkstoffnachweise abhängig von der Kategorieeinstufung der Rohrleitung. Allerdings ist das AD 2000-Regelwerk hier wesentlich restriktiver (siehe Grafik) was für Rohrleitungshersteller erhebliche Mehrkosten bedeuten kann, insbesondere bei der Kategorie III wie z. B. höhere Beschaffungskosten, Kosten für Umstempelungen durch autorisierte Stellen.
6. Zusammenfassung
Mit den beiden zur Verfügung stehenden Prüfkategorien TC1 und TC2 haben die Rohrleitungshersteller die Möglichkeit, auf einen konkreten Anwendungsfall die höhere Prüfkategorie zu wählen um ein mehr an Sicherheit zu bekommen, dass das Rohr die geforderten Anforderungen auch erfüllt. Allerdings muss der Rohrleitungshersteller sich mit der Norm auseinandersetzen um den höheren Prüfaufwand beurteilen zu können und welche Sicherheit damit konkret verbunden ist. In den Regelwerken oder in der Norm selber fehlen praktische Entscheidungskriterien für die Auswahl der geeigneten Prüfkategorie. Dies trifft vor allem zu bei der EN 13480-2. Bei Anwendung des AD 2000-Merkblattes HP 110R ist bei Rohrleitungen der Kategorie III die Prüfkategorie TC2 explizit gefordert (nicht bei Rohren mit einem Durchmesser nicht größer als 42,4 mm und 3,6 mm Wandstärke).
Zwei Prüfkategorien bedeuten für den Rohrhersteller höhere Beschaffungskosten, teure Lagerhaltung und mehr an Maßnahmen zur Rückverfolgbarkeit.
Siehe auch
Leitlinie 7/1 Harmonisierte Norm
Leitlinie 7/5 Werkstoffnachweise nach DGRL
Siehe auch
Fachbeitrag zur Verwendung von nahtlosen Rohren nach EN 10216-5 für Druckbehälter
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